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Historisches aus und über Belm

Belm im Wandel der Zeit

Auf dieser Seite stellen wir Ihnen in loser Folge eine Reihe an historischen Beiträgen über Belm vor. Hiermit möchten wir einen Eindruck davon vermitteln, wie sich früher das alltägliche Leben in Belm und in den ehemals selbstständigen Ortsteilen Haltern, Icker, Powe und Vehrte darstellte und was die Menschen hier damals bewegte. Gleichzeitig wollen wir anhand alter und neuerer Fotos aus unserem Bildarchiv veranschaulichen, wie sich das Aussehen dieser Orte im Lauf der Jahrzehnte verändert hat. In der Rubrik "Kalenderblatt" werden wir außerdem an besondere Ereignisse in der Vergangenheit unserer Gemeinde erinnern.

Die einzelnen Beiträge öffnen sich nach einem "Klick" auf die jeweiligen grauen Überschriften-Felder weiter unten auf der Seite.

Falls Sie Fragen oder Anmerkungen hierzu haben sollten, setzen Sie sich gerne mit uns in Verbindung. 

Historisches Bildarchiv

Zur Ergänzung unseres historischen Bildarchivs suchen wir weitere alte Aufnahmen von Ereignissen, Veranstaltungen, Personengruppen, Siedlungen, Gebäuden, Landschaften etc. aus allen Belmer Ortsteilen.

Wenn Sie uns hierfür auch Ihre alten Fotos und Dias zur Verfügung stellen möchten, lassen Sie es uns bitte wissen. Wir freuen uns über jeden Zugang von Bildern. Sie brauchen sich nicht von Ihren Originalaufnahmen zu trennen, denn wir scannen Ihre Fotos ein und Sie erhalten diese anschließend unversehrt wieder von uns zurück.

Sprechen Sie uns in jedem Fall gerne an! Die Kontaktdaten finden Sie rechts in der Randspalte.

     


Kalenderblatt 6. Oktober 1942

   

Am Dienstag, dem 6. Oktober 1942 erlebte die Stadt Osnabrück ab 21:49 Uhr den siebzehnten und bislang schwersten Luftangriff der "Royal Air Force". Etwa zeitgleich griffen die britischen Bomber außerdem auch mehrere Dörfer im Landkreis an und richteten dort durch Abwurf von Brandbomben zum Teil enorme Schäden an. Infolgedessen waren die jeweiligen Ortsfeuerwehren gebunden und konnten nicht helfend in Osnabrück eingreifen. Offenbar war genau dieses von den Briten auch beabsichtigt gewesen, um somit das Ausmaß der Zerstörungen im Stadtgebiet möglichst groß zu halten.¹  

Zu den Angriffszielen im Osnabrücker Umland zählte damals auch Belm.

     

     

Über die Ereignisse und ihre persönlichen Erlebnisse in jener Nacht berichtete wenig später die 14-jährige Meta M. in einem Feldpostbrief an den Bruder Hans, damals Soldat in Russland:

"Belm, den 9.10.1942

[…] Also angefangen bei der Bombennacht. Ilse (Bischof) war hier. Der Deutschlandsender ging weg, ich gucke nach draußen: Der ganze Himmel voll von Scheinwerfern. Donnerwetter! Im Nu waren dann noch über 100 Leuchtkugeln über Belm. War das hell! Man konnte gut lesen. Ich fand das sehr interessant. So 10 Minuten hatten wir uns alles angesehen, die Flak schoß, die ersten Bomben fielen, und Ilse wurde unruhig. Ich sah mich daher gezwungen, mit ihr in den Keller zu gehen. Auf einmal ruft einer: Meta! Ich stürze 'rauf, und da sagt ein Soldat (Brandwache der Flak) zu mir, es fielen Brandbomben, ich sollte die Belegschaft aus dem Keller holen. Gerade hatte ich die mit viel Mühe und Not oben, saust eine Bombe, ssssch. Im Pferdestall brennt es! Ich sehe Feuer, stürze ans Telefon, das überhaupt nicht mehr ging, schrie. Wo sollen wir anfangen zu retten? Ich renne zu den Soldaten, die geben mir Ratschläge. Schnell zeige ich ihnen, wo Sand, Schaufeln und Wasser vorhanden war. Trotz des Bombenhagels schleppen wir alles herbei. Das Feuer wurde gelöscht. Kaum ist das vorbei, kommt die Tiemeyersche Belegschaft (3 Omas und die 1/2 jährigen Zwillinge). Wir packen sie in die kleine Stube. Von dort konnten sie ihr Haus brennen sehen. Im Dorf brannte zuerst Lagemann, dann Tiemeyer, danach Vallo und zuletzt Wibbelmann und von Kulick. Bei Tiemeyer ging während der ganzen Nacht die Munition von der Flak los. Büngers sind abgebrannt, Lecons Stall und Sudhoffs Scheune, 16 Häuser in Schledehausen und Meyer Ossenbrok. 300 Brandbomben allein im Wald am Haus und 10 Phosphorkanister. - Nach diesem Brief ist wieder eine Nacht vergangen. Der Tommy war da, ist aber nur - 'rübergeflogen. […]"

     

Bei diesem Luftangriff kam der 22-jährige Ostarbeiter Iwan Logowitschenko ums Leben. Er verstarb noch in derselben Nacht an seinen durch Brandbomben erlittenen schweren Verletzungen. Der junge Mann stammte ursprünglich aus Kamjanez Podilskyj (Kamenez Podolsk) in der Westukraine. Weiteres über ihn ist leider nicht bekannt.

Der Sachschaden, den die abgeworfenen Bomben angerichtet hatten, war beträchtlich. Im historischen Zentrum von Belm wurden vier Gebäude vollständig zerstört. Die beiden Kirchen blieben glücklicherweise verschont. Über Nacht hatte sich das Ortsbild rund um den Tieplatz erheblich verändert.

     

     

Diese Gebäude fielen am 6. Oktober 1942 den Bomben zum Opfer:

     

1. Das Haus Vallo an der 'Lindenstraße', auf nachfolgendem Foto in der Bildmitte zu sehen. Hinter dem Giebel ist der Turm der katholischen Kirche St. Dionysius zu erkennen, am linken Bildrand die Umfassungsmauer des Pfarrgartens. Heute befindet sich dort, wo das Haus einst stand, die Bushaltestelle 'Am Tie'. 

     

     

2. Das Haus Lagemann an der Nordseite des Tieplatzes, auf dem Foto unten ganz rechts abgebildet. Dort ist heute die Auffahrt zum Parkplatz vor der katholischen Kirche.

3. Das Haus Wibbelmann, hier mittig im Bild. Das Fachwerkgebäude wurde im Jahr 1740 errichtet und diente früher als Amtshaus des Belmer Vogtes. In der linken Haushälfte war zuletzt ein Schlachterladen untergebracht.

     

     

4. Der Gasthof 'Kaiser Friedrich' schräg gegenüber der katholischen Kirche. Die Gaststätte war seit 1884 im Besitz der Familie Tiemeyer, die dort auch eine Bäckerei und eine Kolonialwarenhandlung betrieb. Außerdem gab es eine Kegelbahn und im Obergeschoss befand sich der sogenannte 'Kaisersaal', in welchem Hochzeiten und Bälle stattfanden. Hinter dem Gebäude konnten man in einem schönen gepflegten Blumen- und Ziergarten direkt am Mühlenteich Einkehr halten. Der Gasthof Tiemeyer war damals - insbesondere für die Osnabrücker - ein sehr beliebtes Ausflugsziel. Heute steht an dessen Stelle ein Wohn- und Geschäftshaus mit Bäckerei, Konditorei und Café.

     

     

Aber nicht nur in Belm, sondern auch in der damals noch eigenständigen Gemeinde Powe fielen in dieser Nacht Bomben. Hier trafen sie das Hauptgebäude des Hofes Bünger, welches daraufhin vollständig niederbrannte. Das stattliche Fachwerkhaus war 1833 errichtet worden und stand direkt an der 'Bremer Straße' gegenüber der Einmündung der Straße 'Am Appelhügel'. Heute erinnert nur noch das 1857 erbaute Fachwerk-Dreschhaus auf dem Grundstück rechts neben der Tankstelle an diesen alten Bauernhof. Ursprünglich gehörte das Anwesen der Familie Placke. Von ihm hatte die Straße 'Placken Ellern' seinerzeit ihren Namen erhalten.

     


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¹ ausführlich nachzulesen in: Wido Spratte "Im Anflug auf Osnabrück“, H. Th. Wenner, Osnabrück, 1985

Kalenderblatt 14. Januar 1941

     

Mit einem Festakt wurde am Dienstag, den 14. Januar 1941 die neue Gemeinschaftsschule auf dem Buchenbrink in Belm eröffnet. Die Schülerinnen und Schüler der beiden Belmer Konfessionsschulen zogen zusammen mit den Lehrkräften feierlich in das neu errichtete Schulgebäude ein. Fortan wurden hier Mädchen und Jungen unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit erstmals unter einem Dach gemeinsam unterrichtet. 

     

     

Am 1. September 1941 besuchten insgesamt 335 Kinder die neue Schule in Belm. Darunter befanden sich auch 51 Gastschülerinnen und -schüler aus den Orten Gretesch, Haltern und Vehrte, welche nicht dem damaligen Gesamtschulverband Belm-Powe angehörten.

     

     

Bereits Anfang 1937 wurde seitens des Gesamtschulverbandes Belm-Powe die Notwendigkeit eines neuen Schulbaues festgestellt. Auf Veranlassung des Landrates kam es im Mai 1937 schließlich zu einer Begutachtung der Belmer Schulen durch den damaligen Baurat Lange. Dieser befand, dass die Gebäude insgesamt nicht mehr den Anforderungen der Zeit genügten und zum Teil auch erhebliche bauliche Mängel aufwiesen. Daraufhin fasste der Schulbeirat einstimmig den Beschluss, eine neue Schule zu errichten.

     

     

Nachdem die Finanzierungsfrage dieses Bauvorhabens geklärt war, beantragte Belms Bürgermeister Berger am 15. Mai 1938 durch Eingabe bei der Regierung den Bau der Gemeinschaftsschule.

Die Zeitung "Neue Volksblätter" in Osnabrück berichtete in der Ausgabe vom 9. September 1938 ausführlich über die damaligen Schulverhältnisse in Belm und über den geplanten Bau des neuen Schulgebäudes:

     

     

Im Jahr 1939 konnten dann die Bauarbeiten beginnen. Das Richtfest wurde am 17. Oktober 1940 gefeiert.

Genau 80 Jahre nach seiner Eröffnung hatte das Schulgebäude, welches im allgemeinen Sprachgebrauch wegen der Form seiner Grundfläche als der "Z-Bau" bekannt war, ausgedient und wurde schließlich in den Sommerferien des Jahres 2021 vollständig abgerissen.

An dessen Stelle entsteht bald ein Erweiterungsneubau der Oberschule Belm mit einer Nutzfläche von rund 1700 Quadratmetern. Baubeginn soll voraussichtlich im April/Mai 2022 sein und die Bauzeit ist mit etwa 18 Monaten veranschlagt.

     

     

     

Abschließend bliebe vielleicht noch anzumerken, dass die Gebäude der drei Vorgängerschulen, welche damals vom Z-Bau abgelöst worden waren, die Zeiten gut überdauert haben und heute immer noch im Belmer Ortsbild zu finden sind.

Aber hierzu dann zu einem späteren Zeitpunkt an anderer Stelle mehr ...

Die Gemeinschafts-Waschanlage im Gemeindewohnhaus in Belm

   

In der Bauernschaft Lüstringen, die seit jeher zum Kirchspiel und dementsprechend auch zur 1966 aufgelösten Samtgemeinde Belm gehörte, befand sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein Auffanglager für Flüchtlinge und Heimatvertriebene.

Anfang der 1950er-Jahre sah sich die Gemeinde in der Pflicht, zur Entlastung dieses Lagers zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Daher ließ sie 1952 auf einem Wiesengrundstück am Ickerbach ein Wohnhaus errichten. Das Grundstück hatte die Gemeinde für einen einmaligen symbolischen Betrag von nur 3 DM vom Besitzer Gustav Meyer zu Belm erworben, welcher damals auch Mitglied im Gemeinderat war. Das Gebäude selbst entstand als sogenanntes "Schlichthaus“. Hierbei handelte es sich um ein Wohnbaukonzept jener Zeit, bei dem die geltenden Ausstattungs- und Flächenstandards bewusst unterschritten wurden, um die kriegsbedingte Wohnungsnot zu bewältigen. Der Staat unterstütze das Bauvorhaben finanziell in beträchtlichem Maß. Lediglich 15 Prozent der Gesamtkosten hatte die Gemeinde selbst aufzubringen.

Am 1. April 1953 war das Gemeindewohnhaus bezugsfertig. Da Straßennamen erst einige Zeit danach vergeben wurden, erhielt es zunächst die Adresse "Belm Nr. 135". Daraus wurde dann erst später "Am Ickerbach 3". Das Haus bot auf zwei Etagen Platz für 4 Familien. Der Mietpreis pro Quadratmeter wurde vom Gemeinderat auf 0,75 DM im Erdgeschoss und 0,70 DM im Obergeschoss festgelegt. Die ersten Mieter waren die Familien Müller mit sieben, Steinke mit sechs, Schilder mit fünf und Grapatin mit zwei Personen. Insgesamt lebten dort nun 20 (!) Menschen unter einem Dach.



Im Untergeschoss des Hauses ließ die Gemeinde auf Initiative und mit Unterstützung der Landwirtschaftkammer Weser-Ems in Oldenburg eine Gemeinschafts-Waschanlage installieren. Dieses Vorhaben wurde im Wesentlichen vom Ratsherrn Gustav Meyer zu Belm, der zugleich auch Präsident der Landwirtschaftskammer war, vorangetrieben. In Oldenburg verfolgte man damals das Ziel, durch die Förderung derartiger Einrichtungen die Bevölkerung im ländlichen Raum zur Zusammenarbeit zu ermutigen und vor allem die Frauen von solchen Arbeiten zu entlasten, die leichter und schneller an zentraler Stelle mit maschineller Hilfe verrichtet werden konnten.

Die Technisierung des Haushalts befand sich zu dieser Zeit noch in den Anfängen. Deshalb bedeutete das Wäschewaschen für die Frauen immer noch Schwerstarbeit, die mit erheblicher körperlicher Kraftanstrengung und mit großem Arbeitsaufwand verbunden war. Je nach Haushaltsgröße nahm die gesamte Prozedur bis zu zwei Tage in Anspruch. Daher wurde meist nur einmal im Monat gewaschen.

Das sollte sich nun durch die neue Gemeinschafts-Waschanlage grundlegend ändern. Die technische Ausstattung der eigentlichen Waschküche bestand anfangs aus einer großen Trommelwaschmaschine für bis zu 12 kg und einer kleineren für bis zu 8 kg trockene Wäsche, beide kohlebefeuert, sowie einer elektrischen Trockenschleuder. Im Trockenraum standen eine Heißmangel und eine Bügelmaschine bereit, die ebenfalls elektrisch betrieben wurden. Dazu kam natürlich auch eine Vielzahl von Bottichen, Wäschewagen, Wannen, Eimern und sonstigen Utensilien.

   

   

Am Dienstag, den 21. April 1953 wurde die Anlage offiziell eingeweiht und ihrer Bestimmung übergeben. Die Mielewerke AG in Gütersloh, welche die Waschmaschinen geliefert hatte, entsandte an diesem Tag frühmorgens ihren "Waschmeister" der sich zuerst von der fachgerechten Installation der Geräte überzeugen und dann ab 13 Uhr mit dem "Einwaschen" sowie der Vorführung der Maschinen beginnen sollte. Hierzu waren neben Vertretern aus Politik und Verwaltung auch viele Frauen aus der Gemeinde erschienen, um sich einen Eindruck von der Arbeitsweise und Leistung der neuen Technik zu verschaffen.

Die Presse war ebenfalls nach Belm gekommen, um von dem besonderen Ereignis zu berichten und es im Bild festzuhalten. Leider sind uns die Namen der auf den nachfolgenden Fotos gezeigten Personen nicht überliefert. Erkennen Sie vielleicht jemanden? Falls ja, dann teilen Sie es uns bitte mit!

   

   

Die Waschanlage wurde von den Belmer Frauen sehr gut angenommen. Von der Gemeinde war eine Waschküchenleiterin angestellt, die alle Arbeiten vor Ort anleitete, koordinierte und beaufsichtigte. Der Waschbetrieb begann um 7 Uhr mit dem Anheizen der Trommeln. Das Feuerholz hierfür hatte jeweils die erste Frau am Morgen mitzubringen. Für die Benutzung der Anlage wurde eine Grundgebühr von 0,40 DM berechnet. Dazu kamen 1,30 DM für den Gebrauch der großen und 0,95 DM für die kleine Waschtrommel. Die Kohlen für die Feuerung mussten extra bezahlt werden. Für einen Waschgang mit der großen Maschine wurden 5 kg Kohlen berechnet, für die kleine entsprechend weniger. Das Trockenschleudern war kostenlos. Die Benutzung des Trockenraumes mit Heißmangel und Bügelmaschine war optional, wurde jedoch mit einem Betrag von 1,50 DM pro Stunde in Rechnung gestellt.

In ungefähr zwei Stunden war die 4-Wochen-Wäsche eines Haushalts komplett gewaschen und wer wollte, konnte sie anschließend sogar gemangelt oder gebügelt - also schrankfertig - wieder mit nach Hause nehmen. Im Vergleich zu vorher eine enorme Arbeits- und Zeitersparnis!

Etwa zehn Jahre lang war die Gemeinschafts-Waschanlage gut ausgelastet. Zwischenzeitlich wurde dort sogar noch zusätzlich eine weitere große Trommelwaschmaschine installiert. Dann kamen allerdings die vollautomatischen elektrischen Waschmaschinen auf den Markt, die mit der Zeit immer erschwinglicher wurden. Somit konnten sich schon bald auch viele Privathaushalte solch ein Gerät leisten. Die Wäsche wurde wieder zu Hause gewaschen. Für die Gemeinde Belm rechnete sich nun eine weitere Unterhaltung der Gemeinschafts-Waschanlage nicht mehr länger und deren Betrieb wurde schließlich am 30. April 1965 eingestellt. Als letzte Waschküchenleiterinnen wurden Frau Erna Niemeyer und Frau Anna Wieschen verabschiedet. Somit war das Ende der Gemeinschafts-Waschanlage gekommen. Auch eine kurzzeitige Verpachtung an die Lohnwäscherei Brockmann konnte daran nichts ändern. Sie wurde ein Opfer des technischen Fortschritts.

Inzwischen befindet sich das Haus "Am Ickerbach 3" in Privatbesitz. Trotz verschiedener Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen sind die grundlegenden Merkmale des Gebäudes heute im Jahr 2022 noch gut zu erkennen.

   

Gasthof "Zum goldenen Anker"

     

Im Jahr 1909 ließen Eduard Fraumann und seine Frau Johanne geborene Duling in der damaligen Gemeinde Vehrte unmittelbar am Belmer Bahnhof ein Gebäude errichten und eröffneten darin den Gasthof "Zum goldenen Anker" mit zunächst vier Fremdenzimmern. Eduard entstammte der alteingesessenen Gastwirtsfamilie Hahne-Noltkämper-Fraumann. Diese besaß etwa 150 Meter weiter nordöstlich an der Bremer Straße bereits seit 1830 eine Schankwirtschaft, die nach der Eröffnung des neuen Gasthofes nicht mehr weitergeführt wurde. Durch entsprechende Umbaumaßnahmen wurde das alte Gebäude zum Wohnhaus umfunktioniert und vermietet.

     

     

Außer dem Gasthof betrieben die beiden auch eine kleinere Landwirtschaft, so wie es früher für viele Wirtsleute auf dem Lande üblich und unverzichtbar war. Dazu kamen dann noch ein Laden für Kolonialwaren und Feldsämereien sowie eine Kohlenhandlung. Noch im selben Jahrzehnt erfolgte eine Umbenennung der Gaststätte in "Gasthof Eduard Fraumann".

         

     

Eduard und Johanne Fraumann übertrugen den gesamten Betrieb später ihrer Tochter Martha und deren Ehemann Heinrich Rolf, mit dem diese seit 1925 verheiratet war. Nach dem frühen Tod ihres Mannes führte Martha Rolf ab 1939 für ihren einzigen Sohn Fritz die Gastwirtschaft mit inzwischen acht Fremdenzimmern, den Laden, den Handel mit Kohlen und die Landwirtschaft über die Kriegsjahre hinweg weiter.

Im Jahr 1944 wurde der Vehrter Ortsteil Astrup im Südosten der Gemeinde nach Belm umgemeindet. Von dieser Umstrukturierung war auch der Gasthof Fraumann betroffen.

    

     

Nach dem Krieg erhielt Martha Rolf schließlich Unterstützung durch ihren Sohn Fritz. Schon bald gaben sie zunächst den Kolonialwarenladen auf, um dann ab 1949 den Gastronomiebetrieb Schritt für Schritt weiter auszubauen. Räumlichkeiten für kleinere Tagungen und Familienfeiern wurden eingerichtet. Die Gastwirtschaft, inzwischen umbenannt in "Gasthof-Restaurant Rolf-Fraumann", diente dem Reit- und Fahrverein Belm e. V. von 1901 viele Jahre als Vereinslokal. Auch die Jägerschaft traf sich hier und hielt regelmäßig Kurse für die Jagdscheinprüfung ab.

     

     

Fritz Rolf heiratete 1957 Hannelore Doé. Gemeinsam erweiterten sie den Hotel- und Restaurantbetrieb und passten ihn durch umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen den Erfordernissen der Zeit an. Vor allem in den 1960er-Jahren quartierten sich auch namhafte Fußballmannschaften im verkehrsgünstig gelegenen "Hotel-Restaurant Rolf-Fraumann" ein. Die Gästebücher wiesen bekannte Namen von Uwe Seeler bis Franz Beckenbauer auf. Im Jahr 1963 wurde der bislang immer noch nebenher betriebene Kohlenhandel eingestellt.

     

     

Im Jahr 1981 konnte das Hotel insgesamt 30 Betten in sechzehn Einzel- und sieben Doppelzimmern aufweisen, davon die meisten mit Dusche, WC und Klimaanlage. Zu dieser Zeit wurde es überwiegend von Reisenden aufgesucht.

     

     

Das Restaurant war im Umkreis von Belm bekannt für den Mittags- und Abendtisch mit bürgerlich-gehobenem Essen, bei dem auch ausländische Spezialitäten nicht fehlten, und für schmackhafte Wildgerichte.

     

     

Nach dem Tod von Fritz Rolf wurde der Hotel- und Restaurantbetrieb allmählich aufgegeben. Im Jahr 1998 erwarb schließlich der Auktionator Frank Abromeit das gesamte Anwesen. Er richtete in den vormaligen Gasträumen Büros und Lager ein. An der Nordwestseite des Hauptgebäudes ließ er einen Auktionssaal anbauen. Im Außenbereich wurden Container für Waren aufgestellt. Größere Auktionsgüter wie z. B. auch Fahrzeuge aller Art fanden dort ebenfalls Platz.

     

     

Mit der Zeit verlagerte die Firma Abromeit ihre geschäftlichen Aktivitäten. Zuletzt dienten die Außenflächen und die Räumlichkeiten über Jahre hinweg hauptsächlich nur noch Abstell- und Lagerzwecken. In der Folge verwilderte das Grundstück und die Bausubstanz verkam in zunehmendem Maße.

Im Sommer 2016 beschloss der Belmer Bauausschuss, die Grundflächen an der Bremer Straße neben dem Belmer Bahnhof von der Osnabrücker Land-Entwicklungsgesellschaft (OLEG) im Auftrag der Gemeinde Belm für ein kleineres Gewerbegebiet erschließen zu lassen. In diesem Zug sollten dann auch die Gebäude des Auktionshauses Abromeit abgerissen und das Firmengelände geräumt und eingeebnet werden. Nach langem Hin und Her konnte dann Anfang 2021 schließlich eine Einigung mit dem bisherigen Eigentümer erzielt werden und im Mai des Jahres begannen die Abbrucharbeiten.

     

     

Die Abbrucharbeiten zogen sich über einen längeren Zeitraum hin. Im Februar 2022 wurden auch noch die letzten bislang verschont gebliebenen Bäume auf dem Gelände des zukünftigen Gewerbegebietes gefällt. Heute erinnert so gut wie nichts mehr an das eindrucksvolle Gebäude, welches 112 Jahre lang das Erscheinungsbild am östlichen Ortseingangsbereich von Belm geprägt hatte.