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Datum: 04.07.2024

Mit 13 Jahren: Erst Herzklopfen, dann souverän im Bundestag

Ein Auftritt vor Bundestagsabgeordneten in Berlin ist ganz schön aufregend. Im Paul-Löbe-Haus mussten die sechs Schüler aus Belm, Wallenhorst und Dissen durch eine strenge Sicherheitskontrolle und durften sich erst dann mit grünen Besucherausweisen ausgestattet den Weg an vielen Fernsehkameras vorbei in den „Sitzungssaal 2.2000“ bahnen. An der Seite ihrer Lehrer referierten die Jugendlichen über „Bildungs- und Entwicklungschancen in der Schule“.

Das Plüschtier in Form eines Weißkopfadlers heißt „Kiko“. Das Namensschild weist ihn als „Maskottchen der Kinderkommission“ aus und wacht auf dem Schreibtisch direkt neben dem Vorsitzenden Matthias Seestern-Pauly (FDP). Das ist eine süßer Gag, aber die Belmer Schüler sind abgeklärt genug, als dass sie noch eine Beruhigung brauchen. Schließlich sitzen sie in einer Kommission des Bundestags und nicht als Kind beim Zahnarzt. Der Abgeordnete aus Bad Iburg hatte die Vertreter von drei Schulen als Experten in die Hauptstadt eingeladen. Seestern-Pauly war offensichtlich von deren Konzeptvortrag bei einem Treffen der Initiative „Schule im Aufbruch“ in Osnabrück beeindruckt gewesen.

Wenige Wochen zuvor hatte der Politiker zum Thema bereits mit Erziehungswissenschaftlern diskutiert. „Nun waren wir als Vertreter aus der Praxis dran“, sagt Benjamin Kögler, Koordinator für pädagogisch-fachliche Entwicklung der Oberschule Belm. Köglers Schule, die Alexanderschule Wallenhorst sowie die Hermann-Freye-Gesamtschule Dissen hatten jeweils 15 Minuten Redezeit. Für Belm präsentierten Hayben Haji (15) und Yasin Houchee (13) aus der Klasse 8G1 mit Kögler und Lehrerin Kristin Münstermann den Aufbau der Oberschule mit Schulzweigen und ihre Erfahrungen vom frisch eingerichteten „FreiDay“. „Die Politiker wirkten alle interessiert“, beobachtete Kögler, „sie haben aktiv zugehört und stellten keine Plattitüdenfragen“.

Forderung: „Deutschlandticket“ für alle Schüler

Arne Wilms, Leiter der Alexanderschule, mit der die OBS Belm seit Jahren in konzeptionell engem Austausch steht, stellte sogar eine Forderung. Er wünschte sich ein kostenloses „Deutschlandticket“ für alle Schüler. Das heißt: Schüler können damit dauerhaft gratis in Bussen und Nahverkehrszügen fahren. Das sei ein wichtiger Baustein für Teilhabe und mache Schulausflüge leichter umsetzbar - sei es bei Klassenfahrten oder Tagesausflügen. „Unsere Lerngruppen fahren zum außerschulischen Lernstandort ‚Augustaschacht‘ in Hasbergen oder ins Bremer ‚Universum‘.“ Die Finanzierung selbst solcher relativ naher Fahrten sei für einkommensschwache Haushalte oft ein Problem.
Im Rückblick sagt Wilms: „Das müssen wir immer wieder fordern und ist wie dicke Bretter bohren. Aber je mehr Schulen das aussprechen, desto konkreter müssen sich Politiker damit beschäftigen“. Bildung ist Ländersache, aber beim ‚Deutschlandticket‘ liege die Kompetenz beim Bund.“ Staaten im Baltikum würden so ein kostenloses Ticket für Schüler längst vorhalten. „Ich bin sicher: In ein paar Jahren kommt das auch hier.“

„Cooles Erlebnis“

Für Yasin war sei Vortrag zum „FreiDay“ ein „cooles Erlebnis. Ich wusste, dass ich gleich dran bin. Dann bekam ich immer mehr Herzklopfen. Während der Hinfahrt im Zug haben wir noch etwas geübt“. Hayben beobachtete, dass die Abgeordneten genau darauf geachtet hätten, was wir Jugendliche berichten.

Seestern-Pauly erklärte nach der Sitzung, er wolle sich „intensiv mit der Gewährleistung von Chancengleichheit für alle Kinder auseinandersetzen“. Das Modellprojekt „Zukunftsschule“, das auch die Schulen in Belm und Wallenhorst umsetzen, knöpfe daran an. „Die 90 Minuten waren äußerst spannend und konstruktiv“, so Seestern-Pauly. Die Forderung von Wilms nach kostenloser Schülerbeförderung sei „grundsätzlich von großer Bedeutung“.
Für Schülerin Hayben Haji steht fest: „Besonders sympathisch fand ich Herrn Seestern-Pauly. Der hat viel Verständnis für uns Schüler gezeigt. Den hätte ich gerne als Lehrer.“


Autor/in: Axel Rotkehl
Quelle: Pressemitteilung der Oberschule Belm